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SCHLOSS SCHWÖBBER
 

Ananas an der Weser. Der Schlosspark Schwöbber

Wenn jemand behauptet, im Weserbergland seien Ananas angebaut worden und das auf einem Landsitz derer von Münchhausen, dann kann es sich eigentlich nur um eine Geschichte des „Lügenbarons“ handeln, sollte man meinen. Und doch ist es die reine Wahrheit. Im Barock galt die Ananas als die wohlschmeckendste aller Früchte, und sie wurde mit großem Aufwand in den Orangerien etlicher Adelshäuser gezogen. Die Pflanzenzucht Ottos I. von Münchhausen in Schwöbber war so berühmt, dass sie von Zar Peter dem Großen aufgesucht wurde.

Schon um 1700 war ein Renaissancegarten am Schloss Schwöbber angelegt worden. Spätestens seit 1710 zeugen zeitgenössische Berichte von der bedeutenden Pflanzensammlung. Sie geht auf Otto I. von Münchhausen zurück, einen gebildeten Mann, Abgeordneten der Calenbergischen Landschaft, den seine Reisen oft nach Holland geführt hatten. Hier mag der Schlossherr die Anregungen für seine Pflanzenzucht erhalten haben. Sie erlangte so große Berühmtheit, dass sie in Volkamers „Nürnbergischen Hespiriden“ veröffentlicht wurde. Der mit publizierte Plan zeigt einen ausgedehnten Garten mit geometrischen Strukturen und einer angrenzenden Allee. Der sogenannte „Blumengarten“ ähnelt weniger einem barocken Ziergarten als den Beeten einer Gärtnerei. Da er nicht wie im Barock üblich axial auf das Schloss ausgerichtet war, könnte sein Ursprung in der Renaissance liegen, als das noch nicht verbindliche Regel war. Die Beete könnten ebenso wie die Orangerie der Anzucht von Pflanzen gedient haben. Die Pflanzensammlung wurde so berühmt, dass Zar Peter der Große 1716 von Bad Pyrmont aus zu Gast kam.

Später führte ab 1741 Otto II. von Münchhausen, Landrat der Calenbergischen Landschaft und Landdrost von Harburg, die Tradition der Pflanzensammlung mit großem Erfolg fort. Zedlers Universallexikon berichtet 1743 vom „curiosen münchhausischen Garten...woselbst man die schönsten und rarsten ausländischen Gewächse aus Ost- und Westindien zu sonderbarer Ergötzung beschauen kann: Ananas, Caffee-Bäume, Dattel, Mastix, zweyhundert Arten von Pomerantzen...“ Von Münchhausen hatte in Göttingen naturwissenschaftliche Studien betrieben, befasste sich mit der Agrarwissenschaft, besonders mit dem Obst- und Gartenbau. Er war Mitbegründer der nach englischem Vorbild in Celle entstandenen Königlichen Landwirtschaftsgesellschaft, deren Ehrenmitglied er wurde. In seinem Hauptwerk, dem sechsbändigen „Hausvater“, behandelte er vor allem die Praxis des Landbaus, aber auch die Botanik. Nicht zuletzt aufgrund dieser Veröffentlichung gilt er als Begründer der Agrarwissenschaft.

Im Band IV des „Hausvater“ von 1769 beschreibt er die Anlage eines Landschaftsgartens und bezieht dabei konkrete Erfahrungen aus Schwöbber ein: „Ich habe meinen Garten jetzt verändern und nach der neuen englischen Mode einrichten, mithin die alten hohen geschornen Hecken wegnehmen, die vielen breiten Gänge eingehen und statt deren hie und da krumme schmalere mit Buschwerk bepflanzte Gänge anlegen lassen. Die Arbeit ist nachgerade bey müssigen Stunden ohne große Kosten verrichtet worden; ich habe mehr brauchbares Feld gewonnen; Der Gärtner hat nicht so viele Gänge reinzuhalten. Ich spare die auf Unterhaltung der Hecken zu wendenden Kosten; die Gänge sind zum Theil mit essbare Früchte tragenden Sträuchern besetzt., als Quitten, Nüssen, Mispeln; da die Hecken von Hainbuchen nichts einbrachten, vielmehr denen nebenstehenden Küchengewächsen schadeten. Hätte ich hingegen, um die Mode vollkommen zu machen, zur Besetzung der Gänge lauter Stauden aus England kommen lassen und dasjenige, was ich umsonst vor der Thür hatte, um theure Preise kaufen wollen, um sagen zu können, dass alles mit englischen Pflanzen besetzt sey, so hätte ich sehr unrecht gethan und noch unverantwortlicher würde ich mir scheinen, wenn ich kostbare neue Werke, z. E. englische Brücken und Tempel nachgemacht hätte, deren Unterhalt die Kräfte des Guts übersteigen würde.“

Auch wenn der „Hausvater“ generell die Praxis und die Wirtschaftlichkeit des Landbaus betont, so macht der Text darüber hinaus doch deutlich, dass von Münchhausens Interesse einzig den praktischen Vorzügen der englischen Landschaftsgärten galt. Ihre Ästhetik und die Philosophie, die hinter ihnen steht, blieben ihm fremd. Es ist wohl kein Zufall, dass aus dieser Zeit kein Plan und keine Ansicht des Gartens existiert. Daran, dass in Schwöbber um 1750 Deutschlands ältester Landschaftsgarten entstand, darf mit Recht gezweifelt werden. „Nach der neuen englischen Mode“ geschnittene Hecken zu entfernen und breite, gerade Gänge hier und dort durch geschlängelte Wege zu ersetzen, macht noch keinen englischen Landschaftsgarten. So verwundert es nicht, dass Christian Cay Lorenz Hirschfeld nach dem Besuch in Schwöbber um 1780 in seinem „Gartenkalender“ schrieb, dass ihn das äußere Bild des Gartens wenig überzeugte. Hans Joachim Tute, einer der besten Kenner des Gartens in Schwöbber, urteilte 2005 über Otto II. von Münchhausen: „Die Entwicklung seiner eigenen oder auch die fremder Gärten unter ästhetischen und künstlerischen Aspekten zu fördern, war ihm zu keinem Zeitpunkt ein besonderes Anliegen.“

Die Bedeutung Ottos II. von Münchhausen liegt auf anderem Gebiet, auf seinen landbaulichen und botanischen Leistungen, auf der Fortführung und dem Ausbau der großen Pflanzensammlung, der Einführung nordamerikanischer Gehölze in Schwöbber und ihrer Verbreitung in Deutschland. Nordamerikanische Bäume untersuchte er auf ihre forstwirtschaftliche Eignung, wie das zur gleichen Zeit auch in Harbke geschah. 1751 stellte er den „Catalogus Horti Münchhausiani“ zusammen. Die Liste mit 1044 Pflanzen hatte er Carl von Linné vorgelegt, mit dem er korrespondierte. Aus der Baumschule war eines der ältesten und bedeutendsten Arboreten entstanden.

Nach dem Tode Ottos II. von Münchhausen im Jahr 1774 entwickelte sich Schwöbber weiter. Im folgenden Jahrhundert wurde es üblich, von Bad Pyrmont aus den Kurgästen regelmäßig Schloss und Park vorzuführen. In der Orangerie wurden dabei Konzerte gegeben. Zum Ruf des Gartens trug auch seine Erwähnung in der 1823 erschienen deutschen Ausgabe von John Claudius Loudons „Encyclopedia of Gardening“ bei: „...mit sich windenden Wegen, Baumgruppen und einer reichen Sammlung schöner Gewächse und seltener Bäume.“ Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts am Schloss große Wirtschaftsgebäude abgerissen wurden, öffnete sich nicht nur der Schlosshof großzügig nach Osten, es entstand auch Raum für einen Garten im Biedermeierstil mit Blumenbeeten und Rasenflächen. Danach begann ein langer Weg des wirtschaftlichen Niedergangs. Die Pflanzen aus der Orangerie wurden verkauft und das Gewächshaus als Getreidespeicher genutzt. Im Norden wurden Gartenteile aufgegeben und das Anwesen beim Bau der heutigen Königsförder Straße zwischen Groß Berkel und Posteholz verkleinert. Nach dem Feuer im Teichflügel des Schlosses – anscheinend aufgrund einer Brandstiftung – kam Schwöbber unter die Zwangsverwaltung der Hannöverschen Ritterschaft und wurde schließlich 1919 verkauft.

Der neue Eigentümer Dr. h. c. Eduard Meyer, der die Friedrichswerther Saatzuchtbetriebe bei Gotha gepachtet hatte, war für Schwöbber ein Glücksfall. Mit Hilfe des Architekten Jürgen von Wangenheim erneuerte er nicht nur das Schloss. Östlich des Schlosshofes entstand im bewussten Gegensatz zum englischen Landschaftsgarten 1921 ein Garten im geometrischen Stil, wie er damals von England ausging und auch in Deutschland an einigen Orten die Landschaftsgärten ablöste, so mit dem Palmengarten in Bad Pyrmont und dem Kurpark Bad Oeynhausen. Das annähernd rechteckige Parterre von Schwöbber ist von hoher gestalterischer Qualität. Es setzt die Linien des Schlossbaus fort. Zwei Pavillons betonen die abschließenden Ecken. Die Promenade zwischen ihnen wird von Statuen der Göttinnen Venus, Diana, Pomona und Flora als Schutzgottheiten des Gartens anmutig flankiert.

Auch des stark verwilderten Baumgartens nahm sich Eduard Meyer an. Der hohe Anspruch, mit dem Meyer diese Aufgabe anging, unterstrich er damit, dass er zu Professor Paul Graebner im Botanischen Garten Berlin Kontakt aufnahm und sich von ihm Heinrich Zeininger empfehlen ließ. Der hatte als Hofgartendirektor in Sanssouci den von Peter Joseph Lenné angelegten Landschaftsgarten betreut und brachte die denkbar besten Erfahrungen mit. Heinrich Zeininger war zwar der Kontinuität verpflichtet, indem de einige gerade Wegeführungen übernahm, die noch aus dem Barock erhalten waren. Er verzichtete aber auf später angelegte geschlängelte Wege und auf Teile von zugewucherten Pflanzungen. Die klare Gliederung, die in sanften Bögen gezogenen Wege, die zusammen mit den Blickachsen dem Park Ruhe und Weite geben, sind sein Vermächtnis. Auf ihn geht auch der kleine Koniferenwald, das Pinetum, zurück, wie es damals von den Royal Botanic Gardens Kew ausgehend in Landschaftsgärten üblich geworden war.

Ein erneuter Niedergang des Gartens begann während des Zweiten Weltkriegs und setzte sich nach Kriegsende fort, als das Schloss von amerikanischen Truppen besetzt wurde und Panzer durch den Park fuhren. Auch als das Schloss später ein Lehrerfortbildungsheim beherbergte und der landwirtschaftliche Betrieb wieder aufgenommen wurde, schritt die Verwilderung des Parks fort. Immerhin kam es in der Nachkriegszeit zu Pflanzenkartierungen, einer wertvollen Dokumentation. Dem neuen Eigentümer, der 1985 Schwöbber übernahm, ging offensichtlich jeder Sinn für Schloss und Park ab. Das Anwesen verfiel weiter. Der Garten musste bei der Einrichtung eines Golfplatzes barbarische Eingriffe erleiden. Der Tiefpunkt wurde 1992 mit einem Brand im Schloss und seinem anschließenden fast zehnjährigen Leerstand erreicht.

Als kaum jemand an Rettung glaubte, machte Dietrich Burkart, der Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, den in Hameln gebürtigen Textilunternehmer Friedrich Popken und seine Frau Ulla auf Schwöbber aufmerksam. Das Ehepaar erwarb das Anwesen, sanierte das Schloss feinsinnig und richtete ein Hotel darin ein. Um dem Baudenkmal gerecht zu werden, galt es, die Raumaufteilung so weit wie möglich erhalten und den Charakter der Räume zu bewahren. Hotelzimmer, Tagungs- und Festräume wurden in der Zehntscheune eingerichtet. Der Golfplatz wurde aus dem Park auf eine Fläche daneben verbannt. Das geometrische Parterre östlich des Schlosshofs wurde so wieder hergerichtet, wie es Eduard Meyer und Jürgen von Wangenheim geplant hatten. Mit seiner Architektur und den mediterranen Pflanzen weckt es im Sommer Erinnerungen an Gärten der Toskana.

Den Park zu sanieren, war eine mühselige Aufgabe. Er war so verwahrlost, dass es archäologischer Nachforschungen bedurfte, um die historischen Wegeführungen festzustellen. Der Wildwuchs an Sträuchern und kleinen Bäumen musste entfernt werden, um die wertvollen Gehölze wieder freizulegen. Allmählich wurden Blickachsen zurückgewonnen und die Strukturen des Parks sichtbar gemacht. Graften und Teiche galt es vom Bewuchs zu reinigen und zu entschlammen, damit Schwöbber wieder als Wasserschloss wahrgenommen werden kann. Vom Gotischen Tor führt eine kleine Allee aus kegelförmigen Eiben nach Westen zu einem zierlichen runden Pavillon, der nach der Planung von Hans Joachim Tute an die Orangerie erinnern soll, die hier gestanden hatte. Ein neuer Parkteil, der Berggarten, schließt sich an.

Schloss und Park Schwöbber haben viel von ihrer alten Schönheit zurück erhalten. Schon von weitem ist die imposante dreiflüglige Anlage im Tal der Beber zu sehen. Der Park umfängt die Besucher mit seinen ehrwürdigen Bäumen, der Harmonie seiner Komposition von schattigen Baumpruppen und besonnten Rasenflächen, von Räumen und freier Sicht. Die Zukunft des Anwesens scheint gesichert, denn das Hotel floriert und für den Park ist eine dauerhafte Lösung gefunden worden. Er ist an die gemeinnützigen Ulla und Friedrich Popken Stiftung übergegangen. Mit der Pflege des Parks sind die fachlich ausgewiesene Gartenarchitekten Klaus Freese und Brigitte Freese-von Luckwald beauftragt worden. Ihnen ist die Bewahrung des Parks und seine behutsame Weiterentwicklung im Einvernehmen mit der Denkmalpflege zuzutrauen.

Munuskript 2010 und www.garten-tour.de

Literatur:
Tute, Hans Joachim, Schloss Schwöbber. Geschichte und Gegenwart, Hildesheim und Lamspringe 2005
http://www.schlosspark-schwoebber.de
http://www.schlosshotel-muenchhausen.com